Sonntag, 25. August 2019

Zeitkurier

Autor: Wesley Chu
Seiten: 496
Verlag: Heyne
ISBN: 978-3-453-31733-8

Worum geht's?

Die Erde hat sich in der Zukunft in ein verseuchtes Ödland verwandelt, und die Menschheit musste ins äußere Sonnensystem ausweichen. Dort, in den Weiten des Alls, sind Ressourcen allerdings ein seltener Luxus, und so bedient sich die menschliche Zivilisation der Zeitreise als letztes Mittel. Sogenannte Zeitkuriere reisen in die Vergangenheit, um dort nach Ressourcen und Antworten zu suchen. Bei seinem letzten Auftrag macht der Zeitkurier James Griffin-Mars jedoch den größten Fehler: Er greift in die Zeitlinie ein – und rettet eine Frau. Jetzt bleibt ihnen nur noch die Flucht in die Gegenwart …

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Wer ist der Autor?

Wesley Chu, 1976 in Taiwan geboren, wuchs in den USA auf und studierte Management und Informatik an der Universität von Illinois. Nach einigen Jahren als Berater, Banker und Stuntman wurde sein Erstlingsroman "Das Leben des Tao" ein großer Erfolg. Mit "Der Zeitkurier" hat Wesley Chu internationale Anerkennung gewonnen. Er lebt mit seiner Familie in Chicago.

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Wie fand ich es?

> Dieses Buch wurde mir als Rezensionsexemplar vom Heyne Verlag zur Verfügung gestellt. <

Anfangs war es für mich schwierig, in dieses Buch hineinzufinden. Es fand sich kein emotionaler Ansatzpunkt für mich, um mich an die Geschichte zu binden, wohl auch, weil der Protagonist selbst als ein wenig abgekapselt (auch von seinen eigenen Emotionen) erscheint.

Die Gestaltung der Welt, in die "Zeitkurier" entführt, brachte mich allerdings zum Weiterlesen. Diese Science Fiction Welt ist sowohl abstrakt, als auch realitätsnah gestaltet, und fühlt sich wie eine gar nicht so weit entfernte Zukunft an (bei der es einem nebenbei Angst und Bange werden kann). So wurde für mich weniger über die Figuren, mehr über die gesamte Welt eine Personalisierung und Emotionalität erreicht. Man hat das Gefühl auf jeder Seite etwas Neues über diese furchtbare, aber facettenreiche und realistische Schöne Neue Welt zu erfahren. Besonders die aktuell politischen und kapitalismuskritische Töne der Geschichte machte sie zu authentischer Zukunftsmusik.

Für mich war dies außerdem der erste Roman, in dem Zeitreisen wirklich in einer für mich verständlichen, aber nicht künstlich vereinfachten Weise dargestellt wurden, die sie für mich nachvollziehbar machten (von "Rubinrot" einmal abgesehen), auch ihre Grenzen und "Gesetze", bzw. die Gründe dafür.

Der Hauptcharakter James Griffin-Mars machte einen deutlich weniger authentischen Eindruck. Er las sich für mich durchweg wie eine geschrieben Figur, dessen Motivationen und Reaktionen man nicht ahnen oder von denen man sich überraschen lassen konnte, sondern die einem schlicht mitgeteilt worden. Er agierte, damit die Geschichte aufging, aber emotional mitfühlen und ihn und seine Fehler irgendwie "verstehen" konnte ich meist nicht - insbesondere die Liebesgeschichte empfand ich als überflüssig. Was mit James geschah konnte mich weit weniger packen als das Schicksal vieler Nebenfiguren, speziell der beiden wichtigsten weiblichen Figuren, über die ich gar nicht viele Worte verlieren will.

Bis zum letzten Drittel war, nach der anfänglichen Schwierigkeit in die Geschichte hineinzufinden, der Spannungsbogen sehr gut aufgebaut, und ich bekam gerade richtig Spaß an der Handlung, als in den letzten Zügen die Handlung ein wenig abflaute. Die Klimax der Geschichte war grundsätzlich gut aufgebaut und zum Mitfiebern geschrieben, doch dann ließ mich das Buch ein wenig... unerfüllt zurück. Das Ende war mir zu überhastet und mit zu vielen zu schnell beantworteten oder zurückgestellten Fragen. Denn auch wenn das Buch lang ist, teils fühlte sich die Länge nicht genutzt an, und besonders für die Liebesgeschichte wurde "Zeit" von anderen Punkten genommen, die durchaus anders für mich besser verteilt gewesen wäre. Natürlich gibt es im Englischen noch einen weiteren Band (potenziell wohl sogar noch mehr?), aber für die Themen die dieses Buch hatte, aufbaute und zu einem Ende brachte, fehlte es mir an einem Gefühl von Abschluss.

Insgesamt ein an einigen Ecken starkes, an einigen weniger starker Roman, der dem Thema Zeitreisen einen frischen Anstrich verpasst und einer komplexen, düsteren Welt punktet, mich mit seinem Protagonisten und den Entwicklungen am Ende allerdings nicht mehr so sehr packen konnte.

 bis Sterne

Vielen Dank für dieses Rezensionsexemplar an den Heyne Verlag und das Bloggerportal Randomhouse!