Montag, 26. September 2016

Umweg nach Hause

AutorIn: Jonathan Evison
Seiten: 384
Verlag: 978-3-7341-0266-0
ISBN: 978-3-7341-0266-0

Worum geht's?

Eine bittersüße Geschichte über Freundschaft, einen verrückten Roadtrip und den Mut zu leben.

Ben geht’s nicht gut – weder persönlich noch finanziell. Nach einem Crashkurs in »häuslicher Pflege« heuert er bei Trevor an, einem zynischen Jugendlichen, der unheilbar krank ist und im Rollstuhl sitzt. Trevs Vater Bob suchte gleich nach der Diagnose das Weite, was ihm in der Familie natürlich keiner verzeiht. Doch Ben fühlt mit dem verstoßenen und reuigen Vater und überzeugt Trev, im VW-Bus quer durch die USA zu fahren, um ihn zu besuchen. Ein schräger Roadtrip voller überraschender Begegnungen und skurriler Abenteuer beginnt ...

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Wer ist der Autor?

Jonathan Evison, 1968 in San Jose, Kalifornien, geboren, wurde mit seinem Roman „Alles über Lulu” bekannt, für den er den Washington State Book Award erhielt.

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Wie fand ich es?

> Dieses Buch wurde mir vom blanvalet Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. <

Ich muss zugeben, von dieser Geschichte hatte ich etwas ganz anderes erwartet, als ich bekommen habe. Etwas völlig anderes. Besonders die Hintergrundgeschichte des Protagonisten Ben stand im Endeffekt mehr im Vordergrund als ich zu Anfang gedacht hätte, was ich jedoch positiv bewerte, da sie sehr gut inszeniert und genau richtig angedeutet wurde, ohne zu früh offen gelegt zu werden. Auch wenn immer wieder kleine Hinweise fallen gelassen und Teile der Situation im Laufe der Geschichte enthüllt wurden, hat mich die endgültige Enthüllung noch schockiert und mitgenommen.

Ben Benjamin funktioniert aufgrund eben dieser Hintergründe so gut als Hauptfigur. Er wird durch seinen Schmerz, durch seinen mangelhaften Umgang mit seinen Problemen, sehr faszinierend und durchaus als Antiheld gezeichnet. Auch wenn er durchaus einige positive Eigenschaften hat, kann man sich bei einigen seiner Aktionen auch nur vor den Kopf schlagen. Genau das hat ihn mir allerdings auch sympathisch gemacht. Denn ja, er benimmt sich manchmal wie ein Volltrottel, wählt die falschen Wege und die falschen Worte, trifft nicht durchdachte Entscheidungen. Doch all dies zeichnet seine Menschlichkeit aus, seine Nähe am Leser. Denn ehrlich gesagt ist jeder mal in einer Situation in der er etwas Dummes tut, speziell in einer Lebenslage wie der von Ben. Er ist einer der authentischsten Protagonisten von denen ich überhaupt gelesen habe, und auch wenn ich anfangs unsicher in Bezug auf ihn war, so hat er mich im Laufe von "Umweg nach Hause" eines besseren belehrt.

Alle Figuren agieren in dieser Geschichte in Grautönen, ein Aspekt der mir insgesamt sehr zugesagt hat. Wer meinen Blog schon länger verfolgt, weiß, dass ich für perfekt gute Figuren oder hintergrundlose Schurken sehr, sehr wenig übrig habe, und einen facettenreichen Charakter mit Macken und Fehlern sehr viel interessanter finde. Und von diesen gibt es in diesem Roman reichlich. Niemand ist fleckenlos weiß, jeder weist negative Eigenschaften aus, die sich auch realistisch schlecht auswirken und nicht nur auf dem Papier vorhanden sind. Angefangen bei Ben, der sich seinen Problemen nicht stellt und lieber verleugnet, dass er die Vergangenheit hinter sich lassen muss. Trevor, der ewige Zyniker der vor sich hin vegetiert und in Nichtstun ertrinkt. Trevs tollpatschiger Vater, der aus Angst eher feige gehandelt hat, als sich einer schwierigen Situation zu stellen. All diese Figuren waren realistisch gezeichnet, und ich konnte aufgrund ihrer Makel und Fehler sehr viel besser mit ihnen mitfühlen.

Der Roadtrip von Trev und Ben nahm trotz der langen Einführung in ihr (und vor allem Bens) Alltagsleben eine noch recht große Rolle in der Geschichte ein, und bildete eine gelungene zweite Hälfte. Speziell die Begegnungen mit den verschiedenen Nebenfiguren machen diese Reise interessant, und es geht wirklich weniger um die besuchten Orte, als um die Schicksale der Mitreisenden. Auch hier gab es keine perfekten Menschen, aber faszinierende Schicksale, die man genug berührt, um Anteil an ihren Problemen nehmen zu können, ohne das es zu gewollt wirkt.

Kleine Punkte habe ich allerdings zu kritisieren - erstmal brach mir der Widerstand von Trevs Mutter zu schnell ein in Bezug auf diese Reise, gegen die sie anfangs so sehr war. Außerdem habe ich für meinen Geschmack ein bisschen wenig über Trevors Krankheit erfahren um den Ablauf der Reise etc. möglich zu finden, aber da seine Erkrankung ja genau NICHT das Zentrum der Geschichte war, ist mir das auch erst nach Beenden des Buchs wirklich aufgefallen und hat nicht verhindert, dass ich die Geschichte genossen habe. Allerdings war mir dann das Ende wieder deutlich... zu kurz. Einerseits positiv, weil dadurch auch der Abschluss wie "aus dem Leben gegriffen" wirkte, andererseits etwas zu Zack-Ende. Ich bin immer noch sehr unsicher, ob mich das Ende zufriedenstellt oder eher enttäuscht hat.

"Umweg nach Hause" ist eine traurige, mit entwaffnender Ehrlichkeit erzählte Geschichte, die trotz aller Melancholie nicht allzu sehr deprimiert, sondern Hoffnung macht. Denn auch unter den bescheuertsten Umständen, geht das Leben irgendwie weiter, und wenn man nicht einfach nur herumsitzt kommt auch irgendwann die Gelegenheit, das eigene Leben wieder zu verbessern. Eine Empfehlung an alle Leser die unkonventionelle, nachdenkliche Romane mögen und etwas mit facettenreichen, bei weitem nicht perfekten aber authentischen Figuren anfangen können!

 bis Sterne

Vielen Dank für dieses Rezensionsexemplar an den blanvalet Verlag und das Bloggerportal Randomhouse!

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